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Sprache prägt Bewusstsein
- 12 March 2022
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Der Satz “Sprache prägt Bewusstsein” ist mir vor einigen Jahren in einem Podcast begegnet und bezieht sich auf die Sapir-Whorf-Hypothese. Da ich kein Sprachwissenschaftler bin, ist mein Anspruch im Folgenden nicht mich tief wissenschaftlich mit dem Thema zu beschäftigen, sondern viel banaler mit ein paar Aspekten unserer Sprache im Alltag, die mir immer wieder begegnen.
In der Open Source Szene wird seit einigen Jahren bewusst auf die Verwendung neutraler Worte (Stichwort: Rassismus-freie Sprache) gewechselt. Prominente Beispiele sind hier beispielsweise der Wechsel auf main Branches oder die Bezeichnung primary und replica bei Datenbanken. Ebenso wird zunehmend von Access und Deny oder Allow und Block-Listen gesprochen. Ein Aspekt der weitaus weniger Beachtung findet, der mich jedoch zunehmend beschäftigt sind Worte und Redewendungen die aus einem anderen Sprachgebrauch kommen und mit dem ich mich in den kommenden Zeilen weiter beschäftigen möchte. Ein paar Beispiele:
- “Dieses Feature ist nicht kriegsentscheidend”
- “Unser Vertrieb ist direkt an der Kundenfront”
- “Das Thema hab ich direkt in dem Meeting torpediert”
- “Da haben die Clients Anfragen aus allen Rohren gefeuert”
Fällt was aus? Spannenderweise sind diese Floskeln so weit verbreitet, das selbst populäre IT Magazine und Newsticker diese noch gerne verwenden. Bis vor wenigen Wochen hat mich dies Thema begleitet und gelegentlich, hab ich es an der einen oder anderen Stelle eingebracht. Bis vor wenigen Wochen war ein Angriffskrieg aber auch etwas, was sich - in meiner Lebenszeit - zwar immer wieder auf dem Globus ereignet hat, vor den aktuellen Geschehnissen in der Ukraine jedoch sehr viel präsenter geworden ist.
Unbeirrt der Geschehnisse der letzten Wochen hab ich dann beim Lesen von Blogs wieder Formulierungen dieser Art vorgefunden.
Sprache prägt Bewusstsein
Wenn ich von der Kundenfront spreche, dann nehme ich diese auch als Front wahr. Sprache ist weit mehr als das was auf der rein kognitiven Ebene passiert, Sprache transportiert viel und macht bewusst und unbewusst mit dem Empfänger und dem Sender viel. An einer Front sterben Menschen - an einer Front entsteht Leid und Schmerz. Sind es diese Bilder, die ich von meiner Kundenbeziehung habe?
Die IT Branche lebt vom Englisch (viel häufiger Denglisch) und da macht es uns die englische Sprache (und zugegeben Kultur aus dem US-Amerikanischem) nicht gerade leicht. Auch in Business Büchern wird gerne Kriegsrhetorik zur Hilfe genommen.
- Das sagt man so halt
- Ist ja nur eine Redewendung
- Das ist ja klar, wie das gemeint ist
- Das ist halt Sprache und Sprachgebrauch
- Das weiss doch jeder, wie das gemeint ist
Nein, nein und nochmal Nein. Sprache darf und muss sich in einer Kultur der Weiterentwicklung auch entwickeln und ändern. Unabhängig davon, kann ich als Sender nicht alleine entscheiden, wie Worte und Redewendungen beim Empfänger wahrgenommen werden oder mir anmaßen, den Hintergrund des Empfängers vollumfänglich einschätzen zu können. Wahrnehmung hat immer auch etwas mit dem persoenlichen Kontext zu tun - und wenn ich dies bei der Wahl meiner Sprache (an dieser Stelle bietet sich auch ein Blick in Richtung inklusive Sprache an) berücksichtige breche ich mir als Sender keinen Zacken aus der Krone.
Eine einfache Art gewisse Floskeln zu vermeiden, ist der Wechsel auf Begriffe aus dem Sport. Ein Feature kann beispielsweise spielentscheidend sein oder dank einer neuen Funktionalität kann ein Kunde überzeugt werden. Bei mir feuern die Clients auch nicht aus allen Rohren sondern bei mir generieren die Clients viele Anfragen. Ein Thema muss auch nicht torpediert werden, sondern kann argumentativ begegnet werden.
Ich will keinesfalls einen Leitfaden schreiben, jedoch mit diesen Zeilen ein wenig Bewusstsein schaffen, was Sprache alles so mit einem macht.